Heimatverein Lutherstadt Wittenberg und Umgebung e.V.
  10. Todestag Heinrich Kühne
 


Liebe Heimatfreunde,

wir möchten an unser Ehrenmitglied Heinrich Kühne erinnern, der am 15. Mai 2003, also vor 10 Jahren, verstarb. Viele Geschichten und Erzählungen veröffentlichte er in verschiedenen Verlagen, so auch in dem Drei Kastanien Verlag.
Nachfolgend einen Abdruck aus dem Buch „Heinrich Kühne erzählt Wittenberger Geschichten."
Von alten Feuerordnungen

Bei zunehmender Erwärmung der Luft besteht wieder erhöhte Brandgefahr. In früherer Zeit waren die Dorfbewohner verpflichtet, zwischen ihren Gehöften in der Dorfstraße einen Baum zu pflanzen. Er sollte das Feuer hemmen, falls es zu einem größeren Brand gekommen wäre. Die heißen Tage des Sommers hatten den Dorfteich und den Bach im Dorfe ausgetrocknet. Brach ein Feuer am Tage aus, so waren die Bauern meist auf dem Felde. Bevor dann die mitten im Dorf im Spritzenhaus befindliche Spritze herausgezogen wurde und von Pferden gezogen die Brandstätte erreichte, war kaum noch Hilfe möglich. Damals brannten ganze Dorfreihen ab, und mit dem Brandbrief in der Hand gingen die Geschädigten von Ort zu Ort, sammelten Geld zum Wiederaufbau. In der Stadt Wittenberg als Festungsstadt galten besonders strenge Bestimmungen, obgleich die beiden Bäche, die durch die Stadt flossen, gute Wasserspender waren. Aber auch hier konnten heiße Sommer oder starke Winter, die die Bäche mit einer starken Eisschicht überzogen, zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Zunächst gab der Rat der Stadt selbst scharfe Bestimmungen gegen die Brandgefahr heraus, doch mit zunehmender Bevölkerungszahl und mit der Ausbreitung mancher Handwerksbetriebe innerhalb der engen Festungsmauern erließ dann die sächsische Regierung in Dresden besondere Feuer-Ordnungen. Die allgemeinen Bestimmungen sind auch heute noch von Nutzen. Sie verbieten das offene Herumtragen von Kerzen in Räumen und Scheunen, auch soll niemand mehr Heu und Stroh auf dem Boden lagern, als er in einem Jahr verbraucht. War auch Wittenberg eine ausgesprochene Handwerker- und Gewerbestadt, so hatte doch damals fast jeder Hausbesitzer Pferde, Kühe, Schafe und Schweine, die noch um die Mitte des 19. Jahrhunderts der jeweilige Hirte frühmorgens durch das Elstertor auf die Kuhlache vor der Stadt zur Weide trieb. In den stattlichen Häusern wurde Bier gebraut, dazu musste man die Asche der Braupfannen sofort nach getaner Arbeit entfernen, ferner waren strenge Bestimmungen zu finden wegen des Lagerns auf der Darre. Immer wieder kam es zu Übertretungen, und so mussten oft die Bäcker, Schmiede, Seifensieder, Töpfer, Weinbrenner, Tischler und Böttcher dann die Strafe von 1 Schock Silber zahlen. Auch das Lagern von Speck, Flachs und anderen brennbaren Stoffen, falls dies unsachgemäß erfolgte, wurde hart bestraft. Kamen die Bauern zum Wittenberger Flachsmarkt aus Fläming, Heide und Aue, so herrschte drei Tage lang Rauchverbot für alle Einwohner und Fremde in der Stadt. Die  „Feuermeuerkehrer", wie früher die Schornsteinfeger genannt wurden, mussten unverzüglich Meldung machen, falls auf den Böden nahe der Schornsteine Gerümpel und allerlei Brennbares gelagert wurde. Die Unsitte, Kellerfenster mit Stroh zu verstopfen, war ebenfalls verboten. Die Eigentümer von Röhrbrunnen mussten lederne Feuereimer, mit ihrem Namen versehen, griffbereit lagern, andere Hausbesitzer hatten die Pflicht, ein Wasserfass stets gefüllt bereitzuhalten. Am Marktbrunnen vor dem Rathaus standen stets zwei große Wasserfässer auf sogenannten Schleifen, die sofort von Pferden zur Brandstelle gezogen werden konnten. Leitern und Reißhaken vervollständigten die Ausrüstung der Hausbesitzer. Alle Eckhäuser in der Stadt mussten bei Brand für Beleuchtung sorgen, dazu dienten eiserne Feuerpfannen oder Pechkränze. Wenn heute die abgestellten Autos die Anfahrt der Feuerwehrfahrzeuge behindern, so waren es früher in den engen Straßen die Schutthaufen und die Misthaufen, die die gleiche Misere bewerkstelligten.