Heimatverein Lutherstadt Wittenberg und Umgebung e.V.
  Kartoffeln oder „Erdäpfel“
 

Kartoffeln oder „Erdäpfel“

Heute vermögen wir uns kaum noch vorzustellen, dass wir ohne die Kartoffel leben könnten. Sie ist uns zu einem unentbehrlichen Nahrungsmittel geworden, ebenso unentbehrlich für die Viehfütterung.

Schauen wir nur einmal hinein in eine Speisekammer etwa zurzeit Luthers! 

Hans Sachs beschreibt uns solchen Inhalt in dem Gedicht:

„Der gantz Hausrat in 300 Stücken,
so ungefährlich in jedes Hauß gehöret“
:
                               

       „Auch mußt du haben im Vorrath

In der Speißkammer früh und spat

Brodt, Eyer, Käß, Fleisch und auch Schmalz,

Fisch, Oepfel, Birn, Nuß und Salz,

Pachenfleisch, Dörrfleisch und auch Speck,

Latwergen, Leckkuchen und anderen Schleck,

Rosin, Mandel und Weinperlein,

Was man sunst macht in Zucker ein,

Zucker, Confect und Spezerey,

Würtz, Rotrüben, auch Senff darbey,

Knoblauch, Zwiebel und auch Abschlag,

Petersilie, Rettich nutzt man alle Tag,

Linsen, Gersten und Erbismehl,

Hirß, Reiß, Heydel und Weitzenmehl,

Hüner und Gäns, Endten und Vögel

Machen die Gäst frölich und zögel.“

Das sind gewiss ganz schöne Dinge und eine gute deutsche Hausfrau wird damit schon manches treffliche Mal zurüsten können, selbst für eine fürstliche Tafel, aber es fehlt uns eins dabei: die Kartoffel.

„Erdapfel“ ist eigentlich der richtige deutsche Name, in den Niederlanden und von den Flämingern bis heute „aardappel“ oder auch „Knull“ genannt. Ja, der gelehrte Gruber sagt in seiner in Halle im Jahre 1827 erschienenen Synonymik: „zwischen Erdapfel und Kartoffel ist an sich selbst weiter kein Unterschied, als dass der Letztere die verderbte, dass Erstere (also: Erdapfel) die richtige Aussprache ist. Erdapfel wurde zuerst in Ertuffel oder Ertoffel und dann, mit dem Gurgellaute ausgesprochen, in Kartoffel verändert. Dies geschah, als sich dieses Gewächs in Deutschland verbreitete und daher im gemeinen Leben häufig genannt wurde.“

Die Kartoffel kam aus den gemäßigten Gegenden des westlichen Südamerika zu uns, hauptsächlich aus Chile und Peru, wo sie seit ältester Zeit den Eingeborenen als Nahrungsmittel diente. Sie gelangte zuerst nach der Eroberung Perus durch die Spanier nach Europa und wurde von diesen schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts in den Niederlanden, Burgund und Italien verbreitet. Seit 1717 wurde sie auch in Sachsen angebaut. Für die Verbreitung der Kartoffel in Deutschland trugen besonders die preußischen Könige Friedrich Wilhelm I. und Friedrich der Große bei. Doch musste der Anbau teilweise sogar durch sehr scharfe Zwangsmaßregeln der Regierungen eingeführt werden. Und auch als die Kartoffel in Deutschland längst Heimatrecht gefunden hatte, war sie in Frankreich noch fast unbekannt.

Nach einem Artikel von Pfarrer Otto Bölke gekürzt und überabeitet.

Elke Hurdelbrink