Heimatverein Lutherstadt Wittenberg und Umgebung e.V.
  Was kacket ihr ...?
 

Was kacket ihr…?


Als früher noch Fuhrwerke mit Pferden, die fast permanent ihre Enddärme und Blasen leerten, auf schlammigen oder staubigen Wegen oder Straßen durch europäische Städte trottierten, waren auch die Menschen im öffentlichen Raum lange nicht so reinlich wie heute. Man  pinkelte nach Herzenslust, man kackte nach Herzenslust, und dies auch am helllichten Tag zuweilen durchaus vor aller Augen. Aus heutiger Sicht macht einen dies fassungslos. Heutzutage trauen sich so etwas – von Ausnahmen abgesehen – nur stark betrunkene oder mit Drogen vollgepumpte Herumtreiber. Es muss wohl früher so schlimm gewesen sein, dass sich Stadtverwaltungen vielerorts bemüßigt fühlten, Schilder aufzuhängen, um Bürger von ihrem skatologischen Tun abzuhalten. Im ach so schönen Barcelona etwa finden sich hier und dort noch entsprechende Wand-Aufschriften aus grauer Vorzeit. An einem Gebäude namens „Porxos Fontserè“ am
Paseo Picasso,
 das von Josep Fontserè, dem Lehrmeister des großen Antoni Gaudi, Ende des 19. Jahrhunderts mit eleganten und lauschigen Laubengängen errichtet worden war, heißt es euphemistisch, dass man sich bitteschön tunlichst nicht „schmutzig machen“ solle. Bei Zuwiderhandlung wurden fünf Peseten Strafe fällig. An der Concepció-Kirche hängt ein Schild, auf dem Ähnliches geschrieben steht. Hinzugefügt wurde der Satz, dass auch kein Müll weggeworfen werden dürfe. Fast unleserlich ist eine alte Aufschrift mit ebensolchen Inhalt in der Banca-Gasse. Auch sonstigem unappetitlichen Ton in der Öffentlichkeit wurde versucht entgegenzuwirken. So hingen
in den Bussen Schilder, die das Spucken strengstens untersagten und zudem darauf hingewiesen, bloß nicht und welche Worte fallen zu lassen. Überhaupt ging es früher ganz früher sittentechnisch ungehemmt dazu: Martin Luthers Spruch „Was rülpset und furzet hier nicht, hat es euch nicht geschmacket?“, der sich auf die rustikalen Tischmanieren in deutschen Landen im 16. Jahrhundert bezieht, spricht Bände. Ein Glück dass sich in dieser Hinsicht die Zeiten grundlegend geändert haben!                                                                                                              It

Gefunden im Archiv Günter Göricke                                                    
Bearbeitet Elke Hurdelbrink